Öfter mal was Neues: Von GMX zu Posteo

(zu Folge 2)

Aktuell bin ich (noch) bei GMX, und das auch eigentlich schon seit immer. Parallel hatte ich mal was mit web.de, aber das war nix (zu kleines Postfach, zu kleine Dateianhänge, alles blöd). Ein ungenutztes Gmail-Konto habe ich auch noch, aber das ist noch weniger was. Bei GMX bin ich sogar zahlender Kunde, und habe dafür z.B. IMAP, mehr Platz, keine Werbung.

Allerdings haben die™ vor einem halben Jahr das UI umgebaut, jetzt funktioniert zwar nichts mehr, dafür ist alles total fancy. Hier eine Auswahl, grob nach Unfassbarkeit sortiert:

  • Externe Bilder werden automatisch geladen. Das kann man auch nicht abschalten. Und der Mann vom Support hält das auch nicht für ein Problem. Inzwischen wurde die Funktion stillschweigend nachgerüstet: Einstellungen -> Sicherheit -> Externe Inhalte
  • Die Suche arbeitet nicht mehr auf dem Body, nur noch auf den Mail-Headern. 5GB Mails, und man kann nicht den Mailtext durchsuchen, wie “praktisch” m(
  • Der Blacklist können keine TLDs mehr hinzugefügt werden. Ich bekomme aus *.ru aber nur SPAM und würde das deshalb gerne blocken. PS: Diese Einschränkung ist völlig willkürlich, denn bereits vorhandene TLDs von vor der Umstellung sind noch da.
  • Die Blacklist liegt auch nicht mehr als Plain Text vor und ist somit nicht mehr übertragbar. Macht ja gerade bei Spam-Abwehr auch überhaupt keinen Sinn, auf vorhandene Listen zurückgreifen zu können.
  • Der Grund, weshalb eine Mail als SPAM klassifiziert wurde (Blacklist, Filterregel, GMX-Analyse, …) wird nicht mehr angezeigt, man kann Fehler also nicht mehr korrigieren. Das gilt nur für den Webmailer, in der “Spam-Report” Mail steht das noch drin – die bekommt man aber nur bei POP m(
  • Der Posteingang kann nicht mehr als Startseite konfiguriert werden, Einstellungen für die Ansicht (Vorschau unten, Vorschau rechts, keine Vorschau) werden nicht mehr gespeichert. Dabei ist das Deaktiveren der Vorschau laut Support die “Lösung” für das Problem automatisch nachgeladener Grafiken, so viel dazu.
  • Ich kann Mails nicht mehr nach “Gesendet” verschieben, und ich kann auf gesendete Mails (nach wie vor) nicht antworten. Das beißt sich, denn um auf gesendete Mails antworten zu können, verschob ich sie in den Posteingang. Wo sie jetzt bleiben müssten, zumindest bei Benutzung des Webmailers, denn natürlich geht das mit einem Mailprogramm immer noch.
  • Empfänger werden nicht mehr als Plain Text, sondern als “Button” dargestellt. Das macht es schwer unmöglich, “empfänger (at) domain.tld” zu pasten, und dann in “empfänger@domain.tld” zu ändern
  • Alles ist buggy: Diese Popups, Tooltips, … liegen grundsätzlich im Weg und schließen sich auch durchaus nicht immer. Der Counter der ungelesenen Mails ist oft falsch. Manchmal springt man beim Schließen einer Mail aus einem Ordner zurück in den Posteingang. Wenn man auf “3 neue Nachrichten im Ordner Spamverdacht” klickt, landet man im Posteingang, …
  • Alles ist unergonomisch: In der Ansicht “Posteingang” ist der Button “Antworten” dort, wo in der Ansicht “Mail schreiben” der Button “Weiterleiten” ist. Sprich: Wenn man die Mail öffnet, und schon mal den Finger zu “Antworten” bewegt, wird man den falschen Knopf drücken. Oder: “Logout” reagiert auf MouseDown statt auf MouseUp. Folge: Wenn man den Button klickt, kann man den Logout nicht mehr vermeiden, auch nicht, wenn man die Maus vor Loslassen der Taste vom Button wegbewegt. Dies ist anders als bei 90% der Buttons/Links im Internet
  • Der absolute Knaller ist aber die Kampagne gegen AdBlock. Das grenzt ja schon an Irreführung.

gmx-farce

Sprich: Ich bin unzufrieden 🙂 Da traf es sich, dass Tim neulich seine neue Emailadresse rumschicke, er sei jetzt bei Posteo. Etwa gleichzeitig kam die c’t 4/14 raus, mit einem Test von Emailanbietern, Posteo auch dort ganz vorne mit dabei. Jeweils genannt wurden primär:

  • Die Server stehen in Deutschland
  • Das Verschlüsselungsniveau spielt aktuell ganz vorne mit
  • Die Server werden mit grünem Strom betrieben, das verdiente Geld wird bei der GLS oder der Umweltbank angelegt
  • Man kann anonym bleiben; die Bezahlung erfolgt zB per Barbrief (man kann aber auch überweisen, klar)

Aus meiner Sicht, nach inzwischen etwa vier Wochen Nutzung kommen dazu:

  • Der Nutzer ist Kunde, nicht die Werbeindustrie. Heißt: Es gibt keine werbefinanzierten Konten wie bei GMX. Damit liegt es im aktiven Interesse Posteos, mir zu gefallen.
  • Die Oberfläche (zum Einsatz kommt Roundcube) ist extrem aufgeräumt
  • Es gibt neben der Mailfunktion auch einen Kalender (mit CalDAV, klar) und ein Adressbuch (mit CardDAV, klar)
  • Es ist günstiger als GMX 😉
  • Es ist mächtiger, so kann man bsplw. Reguläre Ausdrücke für Filter nutzen <3 und Unterordner anlegen, wo man möchte – auch im Posteingang oder im Gesendet-Ordner
  • Apropos Gesendet-Ordner: Man kann die Standard-Ordner ummappen. Das ist gut, wenn bsplw. der Mail-Client auf dem Handy darauf besteht, seine eigenen Ordner anzulegen. Dann nimmt man den halt auch im Webmailer, und löscht den ursprünglich verwendeten.
  • Die Suche geht natürlich über alle Felder – allerdings nur im aktuellen Ordner. Das ist eine Einschränkung, selbst bei recht strukturierter Nutzung von Ordnern.
  • Eingebettete Medien werden auf Wunsch natürlich nicht nachgeladen

Ein gewöhnungsbedürftiger Unterschied, und der ist auch nach vier Wochen noch gewöhnungsbedürftig: Es gibt keinen Spam-Ordner. Das ist eine bewusste Entscheidung (FAQs unter “Gibt es einen Spamordner?”), um das Problem “Oh, ist vielleicht im Spam-Ordner gelandet” zu vermeiden. Aber es bedeutet auch, dass Mails, die nicht als Spam erkannt werden, stattdessen im Posteingang landen. Ich bin noch unentschlossen, was ich davon halten soll… meist funktioniert das gut, aber z.B. seit gestern morgen habe ich etwa 150 (sic!) Mails an fiktive Adressen @crusy.net erhalten, die praktisch alle im Posteingang aufgelaufen sind. Als Spam wurden sie laut Aussage des Supports nicht erkannt, weil sie durch den Zwischenschritt über Uberspace (dem Hoster von crusy.net) “reingewaschen” worden seien. Klar, Abhilfe schaffte das Abschalten meines Catch-all. Aber beim Thema “Verwendung einer eigenen Domain” empfiehlt Posteo selbst aktiv die Weiterleitung an’s Postfach (FAQs unter “Kann ich Posteo mit eigenen Domains verwenden?”). Sich bei Spam-Problemen dann hinterher darauf zurückzuziehen, dass man durch die eigene Domain ja den Absenderserver verschleiere, ist doch etwas einfach.

Update für @ahemwe: Das Problem besteht noch wie beschrieben – kommt die Mail über einen Host, der selber kein bekannter SPAM-Server ist (hier: uberspace), wird die Mail nicht (gut) als SPAM erkannt. Mein Workaround: Per SpamAssassin prüfe ich auf uberspace eingehende Mails, bevor ich sie weiterleite. Überschreitet der vom SpamAssassin erkannte “SPAM-Score” einen definierten Wert, setze ich einen Header:

Den werte ich bei Posteo aus (hier auch noch mal mit Auswertung des SPAM-Scores):

Anyway: Bis auf Weiteres bleibe ich wohl hier, die 3er-Kombination aus schlichter Oberfläche, vergleichsweise mächtigen Funktionen, bei gleichzeitig nicht selbsgehosteter Software überzeugen – zumindest im Vergleich zu GMX.